Daniel Strassberg
Zürcher Journalistenpreis
Daniel Strassberg, geboren 1954 in St. Gallen, studierte in Zürich Medizin und Philosophie und in Jerusalem den Talmud. 1973 und 1978 lebte er je ein Jahr in Israel. 1985 eröffnete er in Zürich eine psychoanalytisch-psychiatrische Praxis, wo er immer noch tätig ist. Nach der Promotion in Philosophie im Jahre 2003 lehrte er an verschiedenen Universitäten über Themen an der Schnittstelle von Philosophie und Psychoanalyse. 2004 gründete er einen CAS in Philosophie für Fachleute aus Medizin und Psychotherapie, woraus 2008 das interdisziplinäre Netzwerk entresol hervorging. Seit einigen Jahren schreibt er in der «Republik» monatlich eine philosophische Kolumne. Seine letzten Buchpublikationen sind: «Spektakuläre Maschinen. Eine Affektgeschichte der Technik», 2022 bei Matthes & Seitz, Berlin, und «Der Teufel hat keine Zeit. Philosophisch-politische Betrachtungen», 2022 beim Rotpunktverlag, Zürich. Derzeit arbeitet er an einem Buch über den Talmud. Daniel Strassberg lebt in Zürich, ist verheiratet und Vater zweier erwachsener Söhne.
laudatio
von Hansi Voigt
«Wir schreiben den 7. März 2023, und eben bin ich aus Israel zurückgekehrt. Aufgewühlt, verängstigt, wütend und ratlos, wie alle Menschen, die ich in den wenigen Tagen, die ich bleiben konnte, getroffen hatte. Weder für eine politische Analyse noch für einen Stimmungsbericht war ich von der ‹Republik› nach Israel geschickt worden, sondern mit der Frage, wie es so weit kommen konnte. Wie es möglich ist, dass in Israel im Dezember 2022 eine religiös-fundamentalistische, antidemokratische, nationalistische und rechtsextreme Regierung an die Macht kommen konnte, unter der Führung des mit Bravour wiedergewählten Benjamin Netanyahu, eines bis ins Mark verkommenen und korrupten Politikers.»
Der Autor, von Beruf Philosoph und Psychoanalytiker, der sich in jungen Jahren als glühender Zionist bezeichnete, zeichnet schonungslos präzis den jahrzehntelangen Weg nach, der das Land an den Rand des Bürgerkriegs gebracht hat. Wo Armeeoffiziere die Befehle der Regierung Netanjahu zum Teil nicht mehr ausführten. Wo jedes Wochenende Hunderttausende für den akut bedrohten Rechtsstaat auf die Strasse gingen.
Das israelische Paradox lautet, dass religiöser Extremismus nicht mit einem demokratischen Staat vereinbar ist, wo alle gleiche Rechte haben, auch die, die nicht zum auserwählten Volk gehören.
«Schreibt man den jüdischen Charakter im Gesetz fest – was vor einiger Zeit geschah –, ist der Staat nicht mehr demokratisch. In einer Demokratie darf die Macht nicht von Anfang an einer bestimmten Gruppe zugesprochen werden.»
Sätze, wie in Stein gemeisselt. Schonungslose Sätze. Ein Gottesstaat ist nun einmal so etwas wie die Antithese zur Demokratie. Das gilt für jede Religion, und alle irdischen Stellvertreter Gottes. Für Päpste, Ayatollas und für Lamas gleichermassen und hat nichts mit Antisemitismus zu tun.
Krieg ist immer noch der kürzeste Prozess, um demokratischen Widerstand abzuwenden. Netanjahu brauchte dringend einen Krieg. Einen Bürgerkrieg hatte er vor einem Jahr schon fast an der Hand. Im Nachhinein muss man sich zu dem zynischen Satz durchringen, dass der bestialische Überfall der Terrortruppe Hamas das überaus blutige Geschenk an Netanjahu in seinem politischen Überlebenskampf ist.
Heute, sechs Monate nach dem Terrorüberfall durch die Hamas und dem Einmarsch der israelischen Armee in Gaza, braucht es noch mehr Mut, den vorliegenden Text zu veröffentlichen. Nicht etwa, weil irgendetwas in dem Artikel nicht wahr wäre. Im Gegenteil.
Für den Artikel «Israel in der Krise – wie ist es so weit gekommen?» und für den Mut, sich journalistisch hochpräzise und als ehrlicher Freund der israelischen Demokratie mit den unbequemen Wahrheiten und den Folgen des umgreifenden religiösen Extremismus auseinander – und sich gleichzeitig zwischen alle Stühle – zu setzen, bekommt Daniel Strassberg den Zürcher Journalistenpreis.
Israel in der Krise
Erschienen am 6. und 7. April 2023
Von Daniel Strassberg (Text) und Ofir Berman (Fotos)
7.3.2023
Eben bin ich aus Israel zurückgekehrt. Aufgewühlt, verängstigt, wütend und ratlos, wie alle Menschen, die ich in den wenigen Tagen, die ich bleiben konnte, getroffen hatte. Weder für eine politische Analyse, noch für einen Stimmungsbericht war ich von der «Republik» nach Israel geschickt worden, sondern mit der Frage, wie es so weit kommen konnte. Wie es möglich ist, dass in Israel im November 2022 eine fundamentalreligiöse, antidemokratische, nationalistische und rechtsextreme Regierung an die Macht kommen konnte, unter der Führung des mit Bravour wiedergewählten Benjamin Netanjahu, einem bis ins Mark verkommenen und korrupten Politiker.
Bestimmt spielten zufällige Faktoren eine Rolle. Hätte Bibi im Laufe der letzten 26 Jahre nicht alle denkbaren Koalitionspartner über den Tisch gezogen, hätte Israel heute eine Mitte-Rechts-Koalition – wie in den letzten 30 Jahre. Doch die heutige Entwicklung, darin waren sich alle meine israelischen Gesprächspartner und Gesprächspartnerinnen einig, hat auch tiefer reichende Gründe, die in der Geschichte des Zionismus und des Staates Israel angelegt sind. Am Ursprung der Implosion des Staates, der wir jetzt entsetzt beiwohnen, steht die Utopie eines zugleich jüdischen und demokratischen Staates. Ein jüdisch-demokratischer Staat ist ein Oxymoron, wie ein schwarzer Schimmel. Schreibt man den jüdischen Charakter des Staates im Gesetz fest – was vor einiger Zeit geschah – ist der Staat nicht mehr demokratisch. In einer Demokratie darf die Macht nicht von Anfang an einer bestimmten Gruppe zugesprochen werden.
Auf der anderen Seite steht die Tatsache, dass 1947, als die UNO der Gründung des Staates Israel zustimmte, hunderttausende schwer traumatisierte Überlebende des Holocaust in Europa gestrandet waren. Niemand wollte sie haben, und doch mussten sie irgendwo leben. Und zwar an einem Ort, an dem sie sich sicher, zugehörig, frei und selbstbestimmt fühlen konnten. In einem jüdischen und demokratischen Staat also.
Wie die jüdisch-israelische Gesellschaft seit der Staatsgründung mit dieser Spannung zwischen der Ideologie eines jüdisch-demokratischen Staates und der Realität seiner Unmöglichkeit umgegangen ist, darüber sprach ich in Tel-Aviv, Haifa und Jerusalem mit alten Freunden, alles linke Intellektuelle aschkenasischer, also europäischer Herkunft, mit denen ich mich seit vielen Jahren austausche. Daraus ergibt sich kein «objektives» Bild der momentanen Situation, ich habe weder mit der «Gegenseite» noch mit arabischen Israelis, den eigentlich Leidtragenden, gesprochen, aber mir ging es um eine Innenansicht der jüdisch-israelischen Bevölkerung und deren Veränderungen seit der Staatsgründung.
Die alte Vertrautheit mit Freunden machte eine schonungslos kritische, auch selbstkritische Analyse möglich, die mit Fremden vermutlich nicht zu erreichen gewesen wäre.
Die Gespräche ergaben das Bild einer nicht abreissenden Kette von Selbstbetrügen.
Ungewollt wurde dieser Bericht auch eine Reise in meine eigene Vergangenheit, in jene Zeit, als ich noch zionistische Lieder sang, blau-weiss trug und stolz auf die militärische Überlegenheit Israels war.
18.2.2023
Es reicht fast nicht, mich umzuziehen. Kaum bin ich mit dem Taxi in Ramat Hasharon angekommen, brechen wir zur Kundgebung auf. Zum achten Mal hintereinander finden sich um die Kaplanstrasse im Zentrum von Tel Aviv über hunderttausend Menschen ein, um gegen die Politik der Regierung zu demonstrieren. Auf der einen Seite führt die Kaplanstrasse am Hauptquartier des israelischen Militärs vorbei, auf der anderen Seite steht eine alte, zur schicken Ausgehmeile herausgeputzte Templersiedlung. Die Freundin zeigt auf den riesigen Funkturm des Hauptquartiers und bemerkt ironisch: «Und die Israelis beklagen sich darüber, dass die Hamas ihre militärischen Einrichtungen inmitten der Wohnbevölkerung errichtet.»
Diesmal treffen sich 160‘000, mehr als am Samstagabend zuvor. Ein Meer von israelischen Fahnen: Blauer Davidstern auf weissem Hintergrund, dazwischen einige Plakate, die meisten nur mit einem Wort beschriftet: Demokratie.
«Und die Israelis beklagen sich darüber, dass die Hamas ihre militärischen Einric tungen inmitten der Wohnbevölkerung errichtet.»
Bislang hatte die Rechte die Flagge okkupiert. Waren an einer Versammlung viele Fahnen zu sehen, konnte man sicher sein, dass sich hier die nationalistische Rechte trifft. Die Rückeroberung der Flagge ist von hohem symbolischem Wert, die Demonstranten können nicht mehr als vaterlandslose Gesellen diffamiert werden. Aber sie macht auch ein wenig Bauchschmerzen: Entsteht hier ein neuer Nationalismus des Mittelstandes?
Die Menschen flanieren mit einer Fahnenstange über der Schulter durch die Strassen, hin und wieder formieren sie sich in Reihen, marschieren und skandieren Parolen, wie buscha, Schande. Bald lösen sich die Reihen wieder auf, man trifft Freunde, tauscht Neuigkeiten aus, irgendwo in der Ferne spricht der ehemalige Premierminister Ehud Barak, niemand scheint besonders interessiert. Trommeln und Kindertrompeten bilden eine eher unangenehme Geräuschkulisse, ansonsten deutet nichts auf Militanz oder Aggression hin. Später blockieren Demonstranten eine Schnellstrasse, die Polizei nimmt einige der Protestierenden fest und lässt sie gleich wieder frei. Die Polizei verweigert zum wiederholten Male dem Sicherheitsminister Ben-Gvir den Befehl. Wie lange sie das noch durchhält?
Inzwischen ist es dunkel geworden, wir ziehen nun die Pullover an, der Tag war ungewöhnlich warm für die Jahreszeit gewesen. Am Rande eines Parks malen Kinder unter Akazien eine Vorlage bunt aus, die einen jüdischen und einen arabischen Jungen zeigen, die sich die Arme über die Schulter legen. Eine ältere Dame schreit die Organisatorinnen der Kinderunterhaltung an, was denn Araber bitte schön hier zu suchen hätten! Die Organisatorinnen gehören zur Gruppe Gush neged HaKibusch, Block gegen die Besatzung. Sie wollen darauf aufmerksam machen, dass auch vor dieser Regierung, die am 4.11.2022 gewählt wurde, Israel keine wirkliche Demokratie war, hatten doch schon vor den Wahlen die knapp 20% arabischen Israelis den Status von Bürgern zweiter Klasse. Die Palästinenser der besetzten Gebiete waren vollends rechtlos, von Apartheid sprach nicht nur die radikale Linke.
Die Demonstrationen werden von verschiedenen zivilgesellschaftlichen Gruppierungen organisiert. Darüber, ob man Gruppierungen vom linken Rand in den Protest einbeziehen und damit riskieren soll, die Mitte und die demokratische Rechte zu verprellen, sind sich die Organisatoren und Organisatorinnen uneins.
Im Gegensatz zum politischen Est blishment, das Netanjahu verprellt hat, sind sie weniger an der Macht als an ihrer Ideologie interessiert.
Anfangs war auch umstritten, ob die Demonstrationen überhaupt etwas bringen. Doch inzwischen ist klar, dass sie den notwendigen Rahmen für die Mobilisierung von zivilem Ungehorsam bildet, der bis weit in gesellschaftliche Mitte hineinreicht: 37 von 40 Militärpiloten einer Staffel der Reserve erscheinen nicht zum wöchentlichen Training, der ehemalige Chef des Mossad, Dani Jatom, ruft zur Befehlsverweigerung auf, zwei ehemalige Admirale der Marine organisieren eine Blockade des Hafens in Haifa, der Polizeichef von Tel-Aviv wird entlassen, weil er die Befehle «seines» Ministers missachtet hat – worauf die Rechtsberaterin der Regierung die Entlassung für illegal erklärt. Rechtsanwälte unterzeichnen einen Protest, ebenso Spitalärzte, Wirtschaftsfachleute aus allen Lagern warnen vor den katastrophalen Folgen der Politik der Regierung. Firmen kündigen an, ihren Firmensitz zu verlegen oder ihr Geld abzuziehen. Einige haben den Schritt schon vollzogen. Die Schweizer Organisation, die die Spenden der Diaspora für Israel eintreibt, schreibt einen Brief an ihre Mutterorganisation – den Keren HaYessod –, in dem sie wegen der Einführung der Todesstrafe die weitere Mitarbeit in Frage stellt. Den stärksten Druck übt jedoch die High-Tech-Branche aus: Sie droht, Israel den Rücken zu kehren, wenn die Regierung ihre Politik fortsetzt.
Israel ist wirtschaftlich vollkommen von der High-Tech-Industrie abhängig.
4.11.2022
Worum geht es eigentlich? Am 4. November 2022 wurde Benjamin Netanjahu zum 6. Mal zum Premierminister des Staates Israel gewählt, nachdem einige Monate zuvor eine breit abgestützte Regierungskoalition auseinandergebrochen war, deren einzige Gemeinsamkeit war, ihn, Netanjahu, zu verhindern. Die Koalition galt als diplomatische Meisterleistung des ehemaligen Journalisten und Mitte-Politikers Jaïr Lapid; sie umfasste das ganze Spektrum, von der linken Meretzpartei bis hin zum religiösen Nationalisten Naftali Bennett. Immerhin zwei Jahre konnten Lapid und Bennett die Koalition mit großem politischen Geschick zusammenhalten, bis eine Abgeordnete der Partei von Naftali Bennett zum Likud, der Partei von Benjamin
Netanjahu, überlief und das fragile Konstrukt zum Einstürzen brachte. Was Netanjahu der Abgeordneten versprochen hatte, ist bis heute unklar. Vielleicht tat sie es aus Überzeugung. Die arabischen Abgeordneten hätten mit ihren Stimmen die Koalition retten und Netanjahu verhindern können. Dass sie es nicht taten, hinterließ bei vielen liberalen Israelis bittere Gefühle. Netanjahu, der die Wahlen überlegen gewonnen hatte, wurde vom Staatspräsidenten Jizchak Herzog, ein Sohn des ehemaligen Staatspräsidenten Chaim Herzog und Enkel des irischen Großrabbiners Isaak Halevy Herzog, mit der Regierungsbildung beauftragt.
Doch da er im Lauf der Jahre restlos alle möglichen Koalitionspartner aus der rechten Mitte verprellt hatte, war niemand mehr bereit, mit ihm eine Regierung zu bilden. Er hat jeden und jede Einzelne(n) von ihnen betrogen, belogen und hintergangen; darüber hinaus sind mehrere Verfahren wegen Korruption und Vorteilsnahme im Amt hängig, und niemand wollte sich die Hände schmutzig machen.
Um nicht ins Gefängnis zu wandern, musste Netanjahu zum Chef der neuen Regierung werden, koste es was es wolle. Das israelische Recht sieht vor, dass ein Premierminister, im Gegensatz zu gewöhnlichen Ministern, im Amt verbleiben kann, solange er nur angeklagt und noch nicht verurteilt ist. Dieses Gesetz wurde in der Zwischenzeit geändert, allerdings zugunsten von Netanjahu: Der Premierminister muss nun nicht mal nach einer Verurteilung zurücktreten.
Es blieben ihm daher nur drei religiös-rechtsextreme Parteien unter Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich als Koalitionspartner. Sowohl Ben-Gvir als auch Smotrich entstammen der religiösen Siedlerbewegung und sind gerichtsnotorische Rassisten und Gesetzesbrecher, mit zumindest engen Kontakten zu jüdischen Terroristen.
Ben-Gvir und Smotrich sehen ihre Chance und ergreifen sie. Im Gegensatz zum politischen Establishment, das Netanjahu verprellt hat, sind sie weniger an der Macht als an ihrer Ideologie interessiert. Zu den beiden gesellt sich der Vorsitzende der parlamentarischen Rechtskommission, Simcha Rotmann, auch er ein religiöser Siedler.
Sie wissen, dass ihnen für ihre Pläne nur ein kurzes Zeitfenster zur Verfügung steht. Israelische Regierungen haben gewöhnlich eine kurze Lebensdauer, und für diese Regierung ist merkwürdigerweise die Partei des Premierministers die größte Gefahr. Der Likud ist zwar eine rechtsnationale Partei, aber sie hat sich immer als demokratische Partei verstanden, immerhin ist sie noch die einzige größere Partei mit einer innerparteilichen Demokratie.
Aber der Likud ist in Netanjahus Geiselhaft: Ohne seine messianische Lichtgestalt droht er in der Bedeutungslosigkeit zu versinken, wie alle anderen traditionellen Parteien. Gleichzeitig ist Netanjahu selbst eine Marionette von Ben-Gvir, Smotrich und Rotmann.
Durch den Holocaust rückte nach dem zweiten Weltkrieg dann die Idee eines Staates als sicherer Hafen für das jüdische Volk in den Vordergrund.
Das Triumvirat lässt buchstäblich keinen Tag verstreichen. In atemberaubendem Tempo peitscht es Gesetz um Gesetz durch die erste Lesung des Parlaments. Das Gesetz, wonach das Parlament mit der einfachen Mehrheit von 61 Stimmen die Beschlüsse des Obersten Gerichtes rückgängig machen kann, ist zwar zum Symbol des Widerstandes gegen die Regierung geworden, doch daneben gibt es unzählige andere Gesetzesvorlagen, die in eine der drei folgenden Stoßrichtungen gehen: 1) Abschaffung der Gewaltenteilung 2) Abschaffung der Meinungs- und Informationsfreiheit sowie weitgehende Kontrolle über die Medien, die Erziehungs- und Kulturinstitutionen 3) Rückgängigmachen der liberalen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte, zum Beispiel Rechte für Frauen und für die LGBTQ*-Community. Hier ist Smotrich mit seiner pathologischen Homophobie federführend.
Seit Jahren bereiten die drei ihre politische Agenda vor, Rotmann hat sie in einem Buch sogar öffentlich dargelegt. Das Ziel ist klar: ein religiöses Großisrael, die Annexion von Juda und Samaria, (ihre Bezeichnung für die besetzte Westbank) und der «Transfer», wie die Vertreibung der Araber seit Jahren euphemistisch genannt wird. Doch das Errichten einer illiberalen Demokratie nach ungarischem Vorbild ist wahrscheinlich nur die erste Phase, in der es vor allem darum geht, alle Hindernisse für die zweite Phase aus dem Weg zu räumen, für die der Erzfeind Iran das Vorbild ist: Immer weitere Bereiche des öffentlichen Lebens sollen der Halacha, dem jüdischen Gesetz unterstellt werden. Man darf nicht vergessen, dass das Familienrecht – Eheschließungen und Scheidungen – schon heute dem rabbinischen Recht untersteht: Eine Christin kann in Israel keinen Juden heiraten. Und am Sabbat gibt es heute schon so gut wie keinen öffentlichen Verkehr.
Einen ersten Versuchsballon hat die Regierung bereits gestartet: Am nächsten Pessachfest soll das Mitnehmen von für Juden während der Festtage verbotenem Brot in Spitäler untersagt werden. Die Sicherheitsbeamten haben den Auftrag, in Handtaschen nach Brot zu suchen. Auch gibt es Gerüchte, Frauen auf gewissen Busstrecken nur noch auf den hinteren Sitzbänken die Fahrt zu erlauben. Falls Sie das für einen schlechten Witz halten: Solche Vorstöße gab es in der Vergangenheit tatsächlich schon. Und ganz am Schluss soll nach der Vorstellung der radikalen Fundamentalisten auf dem Tempelberg der dritte Tempel wiedererrichtet werden. Mit den dazugehörigen Tieropfern.
Letzteres Vorhaben werden ironischerweise die ultraorthodoxen Parteien verhindern, denn ihrer Ansicht nach darf der dritte Tempel erst nach der Ankunft des Messias gebaut werden.
6.10.1973
Ich erinnere mich noch deutlich an den kerosingesättigten, heißen Wüstenwind, der mir entgegenschlug, als ich vor genau fünfzig Jahren aus einer Boeing der EL-AL stieg. Damals holte mich J. ab und wir fuhren in einem Sammeltaxi nach Jerusalem, wo wir ein Jahr an einer Talmudschule verbringen sollten. Wir hatten soeben in Zürich das Gymnasium abgeschlossen und waren noch vor der Maturafeier abgereist, mein Freund ein paar Tage früher als ich. Endlich weit weg von zuhause!
Fünf Tage später heulten die Sirenen. Der Jom Kippur war diesmal auf einen Samstag gefallen. Die von alten Bäumen und Trockenmauern umsäumten Straßen Rehavias, dem Quartier, in dem einst Martin Buber in einem der aus Jerusalemer Kalkstein gebauten Häusern wohnte, in unmittelbarer Nachbarschaft von Gershom Scholem, waren leer. Dass sich alle an die Regel hielten, an Jom Kippur nicht Auto zu fahren, vermittelte mir ein Gefühl der Zugehörigkeit. In Zürich musste ich mich immer erklären. Andererseits war ich nicht mehr außergewöhnlich, das fehlte mir ein wenig.
Wir hatten uns, vom Fasten ermüdet, im Schlafsaal hingelegt. Mein Freund war schon eingeschlafen, als die Sirenen erstmals ertönten. Ich dachte zuerst an einen Übungsalarm, doch das kam mir am höchsten jüdischen Feiertag unwahrscheinlich vor. Auch dass man mit einem Male Autos auf den Straßen fahren hörte, war seltsam. Ich weckte J., es dauerte eine Weile, bis er begriff, dass etwas geschehen sein musste. Ratlos gingen wir auf die Straße, um zu erfahren, was es war.
Erst einige Stunden später klärte sich das Bild: Ein Krieg war ausgebrochen, der später Jom-Kippur-Krieg genannt werden sollte. Die ägyptischen Armeen hatten auf Befehl von Anwar el-Sadat den Suez-Kanal überquert und waren weit in die seit 1967 von den Israelis besetzte Sinai-Halbinsel vorgedrungen. Die als beste Armee der Welt gepriesenen israelischen Streitkräfte waren vollkommen überrascht worden. Niemand hatte mit einem Angriff gerechnet, kein Israeli traute den Ägyptern – oder irgendeiner anderen arabischen Armee – einen Erstschlag zu. Israel war Opfer der eigenen Überheblichkeit geworden. Zwar konnte Ariel Sharon, der das Kommando putschartig an sich gerissen hatte, die ägyptische Armee letztendlich zurückschlagen, dennoch veränderte der Jom Kippur 1973 alles:
Das Volk hatte das Vertrauen in die eigene Unbesiegbarkeit verloren und machte die Regierung dafür verantwortlich. Wir sind nach Israel gekommen, hieß es, um endlich vor Verfolgung geschützt zu sein, und mit einem Male ist Israel das gefährlichste Land für Juden geworden.
Als Folge davon gewann im Jahre 1977 Menachem Begin von der oppositionellen Herut-Partei die Wahlen gegen den amtierenden Premierminister Jizchak Rabin. Wenn nicht einmal der Held des Unabhängigkeits- und des Sechstagekrieges das Land beschützen konnte, musste sich etwas grundsätzlich ändern. Diese Wahlen nahmen nicht nur der regierenden Arbeiterpartei Mapai die Macht, die sie seit der Staatsgründung 1948 unangefochten innehatte, sie ließen auch das zionistische Narrativ, dass Israel in alle Zukunft die Sicherheit des jüdischen Volkes garantieren würde, zur Makulatur werden.
14.5.1948
Mit einigen wenigen Ausnahmen setzte sich die gesamte Führung der Mapai, der bis dahin regierenden Labour-Party, aus osteuropäischen Einwanderern zusammen, die Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Israel gekommen waren – und aus ihren Nachkommen. Zwar trieben damals antisemitische Verfolgungen, wie der berüchtigte Pogrom von Kischinew von 1903 (heute: Kishinau, Moldawien) – der auch meine Großmutter in die Emigration zwang – und die bittere Armut die osteuropäischen Juden zur Auswanderung nach Palästina. Aber im Kern war ihre Motivation ideologisch: Die sozialistischen Zionisten waren überzeugt, dass Juden zur bevorstehenden Revolution nur beitragen können, wenn sie in die Klasse der Bauern und Arbeiter integriert wären.
Weil sie weder in der Landwirtschaft noch im erst allmählich entstehenden Proletariat verankert waren, brauchte es zunächst jedoch das, was der zionistische Sozialist Ber Borochov (1881-1917) die «Umkehrung der Pyramide» nannte: Statt aus vielen Intellektuellen und wenigen Bauern, würde sich das jüdische Volk künftig aus vielen Bauern (und Arbeitern, aber die spielten eine sekundäre Rolle) und wenigen Intellektuellen zusammensetzen müssen. Darin, dass die Normalisierung die vordringlichste aller Aufgaben war, waren sich die säkularen Juden einig. Uneinigkeit herrschte lediglich darüber, ob dies in den osteuropäischen Ländern selbst möglich war oder ob es zur Normalisierung einen eigenen Staat mit eigenem Land brauchte.
Das Konzept der Normalisierung, das sich in beinahe allen zionistischen Schriften der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts findet, betraf jedoch kaum den Aufbau staatlicher Strukturen, es ging immer nur um das Bebauen von eigenem Land. Die Juden müssen ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen, war der zentrale zionistische Gedanke bei der Staatsgründung, und dies bedeutete, die Wüste fruchtbar zu machen und die Sümpfe trocken zu legen.
Durch den Holocaust rückte nach dem zweiten Weltkrieg dann die Idee eines Staates als sicherer Hafen für das jüdische Volk in den Vordergrund. Israel sollte gemäß dem Selbstverständnis seiner Gründer ein normaler und sicherer laizistischer Staat nach dem Muster westeuropäischer Demokratien werden, mit dem einzigen Unterschied, dass Juden endlich über ihr eigenes Schicksal bestimmen können. Im besten Falle könnte Israel sogar zur Avantgarde, zu einer sozialistischen Musterdemokratie werden. Der Kibbutz war dafür das leuchtende Beispiel.
Zwischen Realität und Ideologie bestand von Anfang an eine riesige Kluft. Doch anders als in der DDR war die offizielle Ideologie nicht reine Propaganda, die von allen durchschaut, belächelt oder gefürchtet wurde. Ich bin fest davon überzeugt, dass sowohl das Volk als auch die Machthaber ihre eigenen Mythen geglaubt haben. Und selbstverständlich auch die Juden und Jüdinnen der Diaspora.
Die Widersprüche, die sich daraus ergaben, wurden schlicht verleugnet, beziehungsweise vertagt. Seit der Staatsgründung werden in Israel Probleme und Konflikte systematisch in der magischen Hoffnung auf die lange Bank geschoben, dass sie sich irgendwann von selbst lösen würden oder die Menschen sich an den Status quo gewöhnen würden. So war es nach 1967 mit den besetzten Gebieten, so war es während der Oslo-Verhandlungen, wo wichtige Probleme wie der Status von Jerusalem einfach von der Traktandenliste gestrichen wurden. Doch nie hat sich etwas von selbst gelöst, im Gegenteil, irgendwann war es für jede Lösung zu spät.
Die Wahlerfolge Netanjahus sind wesentlich seinem Versprechen zu verdanken, dass sich unter ihm nichts ändern werde. Für eine Demokratie ist das ein fatales Versprechen. Dennoch schwemmte letztlich der von der großen Mehrheit geteilte Glaube daran, dass sich irgendwann alles von selbst lösen werde, Netanjahu an die Macht.
So verschloss man vor dem, gemäß all meinen Gesprächspartnern und Gesprächspartnerinnen entscheidenden, Widerspruch zwischen einem primär demokratischen und einem primär jüdischen Staat die Augen, indem man auf eine Verfassung schlicht verzichtete. Solange die Demographie Israels einen jüdischen Wahlsieg garantierte und solange die militärische Überlegenheit gewährleistet war, konnte die Kluft zwischen der Realität und der Ideologie geleugnet werden. Die erste Voraussetzung brach 1967, die zweite 1973 in sich zusammen. Und das Fehlen einer Verfassung rächt sich heute.
5.6.1967
Die Euphorie war nicht nur in der zionistischen Jugendbewegung unbeschreiblich, als die israelische Luftwaffe am Montag, dem 5. Juni 1967, beinahe alle ägyptischen Flugzeuge und die gesamte Luftabwehr am Boden vernichtet hatte, bevor sie überhaupt in die Kampfhandlungen eingreifen konnten. Zuvor hatte der ägyptische General Gamal Abd El Nassr die Straße von Tiran an der Südspitze der Sinai-Halbinsel blockiert und Israel von der lebensnotwendigen Versorgung über den Hafen von Eilat abgeschnitten. Zudem hatte er 100.000 Soldaten an der Grenze zu Israel aufmarschieren und die seit 1956 im Sinai stationierten UN-Truppen aus dem Land jagen lassen.
Am Dienstag, dem Tag nach dem Erstschlag, stießen die israelischen Truppen in den Sinai vor. Bilder von Schuhen, welche die ägyptischen Soldaten auf der Flucht aus religiösen Gründen ausgezogen hatten, gingen um die Welt, und der Stolz kippte rasch in rassistische Überlegenheitsgefühle.
Durch Beistandspakte verpflichtet, griffen Jordanien und Syrien in den Krieg ein, so dass Israel einen Dreifrontenkrieg führen musste. Am Ende der Woche hatte Israel den Gazastreifen, den Sinai, das Westjordanland, die Golanhöhen und vor allem Ost-Jerusalem eingenommen. Die einzelnen Schritte, die zu diesem Krieg geführt haben, sind weniger wichtig als seine Folgen: «Für das, was in der Folge geschah, war die Eroberung der Klagemauer und des Tempelberges entscheidender als die Eroberung der Westbank, weil sie die messianische Fantasie beflügelte, den 70 n. Chr. von den Römern zerstörten Tempel wieder errichten zu können,» behauptet Menachem Fisch, ein Professor emeritus für Philosophie an der Universität Tel Aviv.
Am 11. Juni wurde ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet. Kaum jemand zog damals das offizielle Bild in Zweifel, der israelische Angriff sei ein überlebensnotwendiger und mustergültig vorbereiteter Präventivschlag des einzigen demokratischen Staates des Nahen Ostens gewesen. Wir wussten nichts davon, dass Ägypten gar nicht in der Lage gewesen wäre, einen Krieg zu beginnen, weil die wichtigsten Truppen in einem Bürgerkrieg in Südjemen gebunden waren. Wir wussten nicht, dass die Spannungen mit den arabischen Staaten etwas mit dem Wasser zu tun hatten, das Israel seit 1964 seinen Nachbarn abgrub. Wir wussten auch nicht, dass die israelischen Araber bis 1966, nur ein Jahr vor dem Sechstagekrieg also, unter Militärverwaltung standen, und selbst für eine Reise in das Nachbarsdorf eine Erlaubnis des Militärgouverneurs brauchten. All das wussten wir nicht, all das tauchte in keiner Erzählung auf. In Israel selbst hat sich daran bis heute kaum etwas geändert. Wer solche Fakten erwähnt, gilt schnell als Verräter.
Der Sechstagekrieg war zugleich die endgültige Bestätigung des Normalisierungsnarrativs, wie auch sein Ende: Wir sind nicht mehr das Volk, das sich wie Lämmer zur Schlachtbank führen lässt, hieß es nun, wir sind nun endlich, nach zweitausend Jahren, ein normales Volk mit einem unabhängigen Staat und einem schlagkräftigen Militär. Wir sind vielleicht sogar ein wenig besser als normal. Im Siegestaumel erkannten damals nur ganz wenige, dass die Utopie eines jüdisch-demokratischen Staates mit einer zusätzlichen Million Araber unter israelischer Herrschaft in noch weitere Ferne gerückt war. Würde man ihnen alle Bürgerrechte geben, wäre es endgültig vorbei mit dem jüdischen Staat, würde man das Besatzungsregime aufrechterhalten, wäre es um die Demokratie geschehen.
Ein Name taucht in meinen Gesprächen immer wieder auf: Jeschajahu Leibowitz (1903-1994). Ich erinnere mich noch gut, wie ich fast zwanghaft auf die Haare starren musste, die büschelweise aus der Nase und den Ohren dieses hageren, nach vorn gebeugten Mannes wuchsen. Während fast eines Jahres besuchten wir jeden Sonntagabend sein Seminar über den Führer der Verirrten, ein Werk des mittelalterlichen jüdischen Aristotelikers Maimonides. Einmal gelang es uns sogar, in Leibowitz’ Wohnung an der Ussishkinstraße eingeladen zu werden. Damals prophezeite uns dieses tief religiöse Universalgenie – er studierte und/oder unterrichtete Chemie, Biochemie, Medizin, Neurophysiologie, Wissenschaftstheorie und Philosophie – mit der grimmigen Miene eines alttestamentarischen Propheten, was auf Israel zukommen werde, wenn es nicht gelänge a) Staat und Religion strikt zu trennen und b) die besetzten Gebiete loszuwerden: Dann steuere Israel auf einen faschistischen Staat zu. Das waren seine exakten Worte.
«Land gegen Frieden.»
Niemand weiß heute, wie ernst es damals der israelischen Regierung mit ihrer offiziellen Haltung war, die besetzten Gebiete – ohne Ostjerusalem wohlverstanden – rasch zurückzugeben. Es war ohnehin unklar, wem die Westbank zurückgegeben werden sollte, dem ehemaligen «Besitzer», das heißt dem König von Jordanien oder den Palästinensern selbst. Ich nehme an, dass die Regierung tatsächlich bereit war, einen Großteil der eroberten Territorien zurückzugeben unter der Bedingung, dass die Sicherheit Israels für immer gewährleistet werde. Konkret hätte dies geheißen, dass eine breite demilitarisierte Zone auf den Golanhöhen und auf der Westbank eingerichtet wird. Über Ostjerusalem wollte man erst gar nicht verhandeln. Jedenfalls zeigte sich erneut, wie wenig israelische Politiker ihre Umgebung verstehen, was wohl auch mit einem tief verinnerlichten eurozentrischen Rassismus zu tun hat. Ich erinnere mich noch gut an die Presseberichte über den Zuwachs an Kühlschränken in der Westbank. Man glaubte allen Ernstes, die palästinensische Bevölkerung würde sich wegen ein paar Kühlschränken im Lauf der Zeit mit der Besatzung abfinden und die arabische Welt würde auf eine ihrer heiligsten Stätten verzichten.
Darüber hinaus erwies sich nach 1967 auch, wie stark die israelische Politik nach dem Prinzip des magischen Denkens funktioniert: Wenn wir es uns nur fest genug wünschen, löst sich mit Gottes Hilfe der demographische Widerspruch irgendwann von selbst auf.
Eine erste Ernüchterung folgte allerdings auf dem Fuß. Im September desselben Jahres wurden am Gipfeltreffen der Arabischen Liga in Khartoum die drei Nein beschlossen: Nein zu Verhandlungen, Nein zur Anerkennung Israels und Nein zum Frieden. Dessen ungeachtet wurde damals ein Motto der israelischen Politik geboren, das sich als fatale Illusion erweisen sollte: Land gegen Frieden.
15.8.2005
Am 15.8.2005 gab Premierminister Ariel «Arik» Sharon dem israelischen Militär den Befehl, die jüdischen Siedlungen im Gaza- Streifen zu räumen. Sharon war nicht irgendwer, er war der Held von 1973, er hatte 1983 das Massaker von Sabra und Shatila zu verantworten, auf das wir noch zu sprechen kommen werden, er war damals der einzige hohe Offizier, der sich nicht der Arbeiterpartei, sondern der rechten Herut anschloss. Er war Besitzer einer riesigen Farm in der Nähe des Gazastreifens, und er war ein vollkommen rücksichtsloser, moralfreier Haudegen, der glaubte, alle Probleme militärisch lösen zu können. Umso bemerkenswerter, dass gerade er, der bestimmt kein Gegner der Siedler war, zur Einsicht kam, dass sich die Besatzung des Gazastreifens nicht aufrechterhalten liess. Mit der Rückgabe befriedet man die Südfront, und verstetigt deshalb die Besatzung der Westbank, so sein Kalkül. Auch diesmal kam ihm seine Rücksichtslosigkeit entgegen. Die Siedler, die aus der Westbank in den Gazastreifen fuhren, um der Armee die Räumung zu verunmöglichen, beeindruckten ihn ebenso wenig, wie die Warnungen besonnener Politiker, den Gazastreifen auf keinen Fall ohne vorgängige Verhandlungen mit den palästinensischen Behörden zurückzugeben. Die Verhandlungen von Oslo, auch die werden noch Thema, hatten immerhin eine palästinensische Autonomiebehörde geschaffen, die unter der Führung der PLO in Ramallah residierte.
Doch Sharon erwies sich einmal mehr als beratungsresistent, und so kam es zur doppelten Katastrophe. Zum einen übernahm statt der verhandlungsbereiten PLO die radikal- islamistische Hamas die Macht im Gazastreifen, die sich seither rühmen kann, die einzige palästinensische Gruppierung zu sein, die Israelis je vertreiben konnte. Mit ihren Raketen, die sie immer wieder auf Südisrael abfeuern, provozieren sie in regelmässigen Abständen israelische Invasionen, um dieses Narrativ, und damit ihre Macht aufrechtzuerhalten. Jedes Mal, wenn die Israelis nach einer Invasion den Gazastreifen wieder verlassen müssen, feiert die Hamas einen kleinen Sieg. Netanjahu war übrigens während seiner früheren Amtsperioden der einzige, der dieses Spiel durchschaute und Invasionen zu verhindern suchte.
Gaza wurde durch die Rückgabe zum grössten Freiluftgefängnis der Welt, beherrscht von brutalen, korrupten und frauenfeindlichen Kapos, Hamas genannt. Für die israelisch Seite waren die Folgen der Rückgabe langfristig möglicherweise noch gravierender: Das Motto «Land gegen Frieden» war endgültig passé, und die israelische Linke wurde ihrer politischen Position beraubt. Heute glaubt niemand mehr daran, dass durch die Rückgabe der besetzten Gebiete Frieden erreicht werden kann. Die Linke ist in der Bedeutungslosigkeit versunken, und die kläglichen Überreste der einst mächtigen Arbeiterpartei verlieren vor Wahlen kein Wort mehr über die Besatzung. Damit ist der Weg für die religiöse Rechte endgültig freigeräumt worden. Diese sieht inzwischen auch ein, dass es ein strategischer Fehler gewesen ist, die Armee den Säkularen zu überlassen. Zunehmend haben Siedler begonnen, Offizierskarrieren anzustreben. Es ist fraglich, ob die Armee einem zukünftigen Befehl, jüdische Siedlungen zu räumen, überhaupt noch nachkommen würde.
Der dramatische Niedergang der linken oder auch nur liberalen Kräfte setzte allerdings bereits im Jahre 2000 ein, und wieder spielte Ariel Sharon eine fatale Rolle.
28.9.2000
Am 28.9.2000 besucht der damalige Oppositionsführer Ariel Sharon den Tempelberg zu Jerusalem, arabisch al-haram asch-scharif, das edle Heiligtum. Der Tempelberg stand (und steht noch immer) unter arabischer Verwaltung, ein Besuch hätte einer Bewilligung bedurft, Sharons Eindringen war ein klarer Rechtsbruch.
Wo sich heute die Al-Aksa Mosche mit ihrer silbrigen und der Felsendom mit der goldenen Kuppel befindet, stand bis ins Jahr 70 n., bis er von dem römischen Heer unter dem späteren Kaiser Titus zerstört wurde, der zweite Tempel der Israeliten. Die Klagemauer am westlichen Abhang des Hügels war die ehemalige westliche Umfriedung des Tempelbezirkes. Jährlich pilgern tausende Juden aus aller Welt an die Klagemauer, um Zettel mit ihren Wünschen, sogenannte Kwittlach, in die überfüllten Ritzen der Mauer zu stopfen.
Während des Sechstagekrieges war der Tempelberg von der israelischen Armee erobert worden. Das Bild des blonden Soldaten, der seinen Helm unter dem Arm trägt und gerührt und ehrfürchtig die Klagemauer betrachtet, transportierte jene Erzählung, die von nun an den Konflikt zu einem religiösen, und damit unlösbaren werden liess: Der Tempelberg sei allen drei abrahamitischen Religionen heilig und werde deshalb immer ein unüberwindlicher Zankapfel im Nahostkonflikt bleiben.
In Tat und Wahrheit spielte die Klagemauer in der jüdischen Religion während fast 2000 Jahren keine Rolle. Die Klagemauer kommt, im Gegensatz zum Tempel und zu Jerusalem, in keinem Gebet vor, und selbst diejenigen Gebete, die um die Wiedererrichtung des Tempels bitten, beziehen sich nicht auf ein Gebäude, sondern auf eine Zeit: Der Tempel ist eine Metapher für die Ankunft des Messias, die den Menschen Frieden und Gerechtigkeit bringen wird.
Die Armee wurde zum Instrument der Erlösung.
Der Sechstagekrieg veränderte nicht nur den Nahost-Konflikt, sondern auch die jüdische Religion von Grund auf. Die Behauptung, das Judentum sei 1967 neu erfunden worden, wäre nur eine geringe Übertreibung. Das Normalitätsnarrativ wurde buchstäblich auf den Kopf gestellt: Die Juden sind gerade nicht normal, sie sind vermittels der Beziehung zu diesem heiligen Ort und zum Heiligen Land erwählt, sie stehen zu Gott in einer besonderen Beziehung, die dem Volke Israel schon in der Bibel verheissen worden war. Die Eroberung der Klagemauer erlaubte es, das Normalitätsnarrativ zu ersetzen. Der Fluchtpunkt der Sehnsucht war nun nicht mehr das Westeuropa des 19. und beginnenden 20. Jahrhundert, sondern die Zeit des Zweiten Tempels: Chanukka, das Fest, das an den Aufstand der Makkabäer gegen die Griechen erinnert, wurde religiös aufgewertet, der kollektive Selbstmord der von den römischen Truppen auf Massada belagerten Juden, wurde offiziell gefeiert, das Land diente von nun an nicht mehr dem Schutz des jüdischen Volkes vor Verfolgungen, sondern der Erfüllung der biblischen Verheissung. Die Armee wurde zum Instrument der Erlösung. Das Judentum wandelte sich mit anderen Worten von einer Religion des Buches in eine landgebundene Religion mit kolonialexpansiven Zügen. Dies war auch die Zeit, in der sich die europäische Linke von Israel abzuwenden begann. Doch das ist eine eigene Geschichte.
Sharons Provokation war der Funke, der die Situation, die noch kurz zuvor recht entspannt gewirkt hatte, zur Explosion brachte: Sie war der Beginn der zweiten Intifada, die bis 2005 dauerte.
Im Gegensatz zur ersten Intifada, als die Palästinenser in den besetzten Gebieten lediglich Steine warfen, trugen sie den Kampf nun mit tödlichen Waffen ins israelische Kernland: Sie schossen auf Zivilisten, griffen mit Messern an, jagten Autobusse des öffentlichen Verkehrs in die Luft und richteten in Cafés und Diskotheken Blutbäder an.
Die Verunsicherung der israelischen Bevölkerung war enorm. Meine Freunde rieten mir, keine Strassencafés mehr zu besuchen, den öffentlichen Verkehr nicht zu benützen, und nicht ins Kino zu gehen. Ich hatte die Bilder mit den zerfetzten Leichen in den Wracks der Autobusse gesehen, ich hielt mich an die Ratschläge.
Israel war für Juden nun endgültig kein sicherer Hafen mehr, nirgends war es für Juden gefährlicher zu leben. Das läutete das Ende der Arbeiterpartei ein, deren Existenz an das Normalitätsnarrativ gebunden war. 2001 löste Ariel Sharon Ehud Barak als Premierminister ab, ein Amt, das er bis zu seinem Schlaganfall innehatte. 2006 trat Ehud Olmert an seine Stelle. Seit der Machtübernahme Sharons es keinen Premierminister der Arbeiterpartei mehr.
An die Stelle des Normalitäts- trat das Erlösungsnarrativ.
20.5.1977
Der 20. November 1977 war ein Sonntag, in Israel ein gewöhnlicher Arbeitstag. Es war aber auch einer dieser Tage, der die Hoffnung für eine gewisse Zeit wiederbelebte. Ich war auf dem Weg zur Arbeit, einer ambulanten Therapiestation für drogensüchtige Menschen, Araber und Jüdinnen. Gerade wollte ich die Palmachstrasse überqueren, als mich eine Polizeieskorte auf schweren Motorrädern daran hinderte. Hinter den Motorrädern tauchten zuerst einige Polizeiautos mit Blaulichtern auf, gefolgt von, wenn ich mich richtig erinnere, drei schwarzen Limousinen. Erstaunlicherweise hatten sie keine getönten Scheiben, sodass ich in der mittleren zwei ältere Herren erblickte, die in ein angeregtes Gespräch vertieft waren: Anwar-el Sadat und Menachem Begin. Sie befanden sich auf dem Weg in die Knesset, wo Sadat das Ende des Kriegszustandes zwischen Ägypten und Israel und einen umfassenden Friedensvertrag ankündigte.
Genau fünf Monate zuvor, am 20. Juni 1977 war Begin zum ersten israelischen Ministerpräsidenten gewählt worden, der nicht der Arbeiterpartei angehörte. Die Wahl führte einerseits zum Friedensabkommen von Camp David, markierte andererseits aber eine entscheidende Wende im israelischen Selbstverständnis, die letzten Endes in das heutige Chaos münden sollte. Sie bezeichnet den Punkt, an dem die israelische Gesellschaft sich im Konflikt zwischen demokratisch und jüdisch für das Jüdische entschied.
Die (Beinahe-)Niederlage des Jom Kippurkriegs hatte das Vertrauen in die Regierung erschüttert. Die osteuropäischen Einwanderer von ehedem hatten sich das Land unter die Nägel gerissen, und im Gegenzug nicht einmal Sicherheit, Frieden oder soziale Gerechtigkeit gewährleisten können. In dieses ideologische Vakuum stiessen die Nationalreligiösen.
Bis dahin war die nationalreligiöse Partei unter dem behäbig-freundlichen deutschen Juden Abraham Burg eine Art religiöser Flügel der Arbeiterpartei gewesen, deren Politik im Wesentlichen darin bestand, der Arbeiterpartei die Mehrheit zu verschaffen und dafür Geld für ihre Schulen und andere Institutionen zu bekommen. Doch nach dem Jom-Kippur-Krieg übernahm eine Fraktion von Jungtürken die Macht innerhalb der Mafdal, die sich Gush Emunim nannte, etwa mit Block der Getreuen zu übersetzen. Unter der Anleitung ihrer geistigen Führer, des israelischen Oberrabbiners Avraham Isaak Kook und seines Sohnes Zwi Jehuda Kook, verkündeten sie, der Staat Israel sei die Atchalta deGeula, der Beginn der religiösen Erlösung. Der säkulare Zionismus war lediglich eine List der Geschichte, um das messianische Zeitalter voranzutreiben. Der erste Schritt auf dem Weg zum messianischen Zeitalter musste die Besiedlung von ganz Eretz Israel sein, von Grossisrael in den biblischen Grenzen. Das in der Bibel mindestens vier Grenzverläufe genannt werden, störte weiter nicht.
Die Anhänger des Gusch Emunim sind von weitem zu erkennen: Kurze Kakhi-Hose, buntes Hemd über der Hose, die vier Schaufäden baumeln an den Seiten der Beine herunter, wildes dunkelblondes oder rotes Haar, blaue leuchtende Augen und, ganz wichtig, ein grosse, gestrickte Kippa auf dem Kopf. Eine über der Schulter hängende Uzi vervollständigt das Bild. Diese Figuren unterscheiden sich nicht nur äusserlich von den Ultraorthodoxen, die sich in schwarze Kaftane, weisse Hemden, Kniesocken, schwarze Hüte, lange Schläfenlocken und am Samstag in Pelzhüte hüllen, den ganzen Tag den Talmud studieren und von Sozialhilfe leben. Sie pflegen auch eine andere Ideologie: Die «Schwarzen» oder «Dossim» sind dem Staat gegenüber skeptisch bis feindlich eingestellt, weil sich erstens ein jüdischer Staat nach den jüdischen Gesetzen zu richten hat und weil zweitens erst die Ankunft des Messias abgewartet werden muss. Erst in jüngster Zeit haben sie sich auf die Seite der Siedler geschlagen und damit die Macht der Religion noch einmal verdoppelt.
Die Siedler belebten das alte zionistische Stereotyp des jüdischen Pioniers wieder, der auszieht, um das Land zu bebauen. Aber er tat es nun unter veränderten Vorzeichen: Die Besiedlung sollte nicht die Normalität des jüdischen Volkes, sondern seine Auserwähltheit unterstreichen. Innert kurzer Zeit errichtete die Gush Emunim Bewegung zahllose Siedlungen auf dem Golan, in der Westbank und im Gazastreifen. Wieder, wie 1948, kam es zu Vertreibungen und zu Zerstörungen von palästinensischem Eigentum, Häuser wurden niedergerissen oder beschlagnehmt, Olivenbäume wurden zerstört, und viele Bauern ihrer Lebensgrundlage beraubt. Mauern wurden gebaut, die Dörfer teilten, so dass die Bauern stundenlang wandern mussten, um zu ihren Feldern zu gelangen, Wasser wurde umgeleitet, ein eigenes Strassennetzt wurde gebaut, dass nur von Juden benutzt werden darf. Kinder, die Steine gegen Soldaten werfen, zum Teil erst zehn, elf Jahre alt, werden in Militärgefängnisse geworfen. Viele der Palästinenser müssen wohl oder übel im israelischen Kernland arbeiten, wo sie übel ausgebeutet werden und jeden Tag eine demütigende und oft willkürliche Prozedur an den Checkpoints über sich ergehen lassen müssen – wenn sie über Nacht nicht in den Fabriken eingeschlossen werden.
Die damals noch sozialdemokratische Führung des Landes, allen voran der Aussenminister Yigal Allon – dessen Fahrer ich während einiger Tage war – unterstützte das Vorhaben hinter vorgehaltener Hand nach Kräften. Nachdem klar geworden war, dass die einzige Möglichkeit, die demographische Zeitbombe der besetzen Gebiete loszuwerden, in einem eigenen palästinensischer Staat bestand, aus vermeintlichen Sicherheitsgründen aber niemand einen eigenständigen Staat wollte, wurde die alte Idee des Transfers aus der Schublade geholt: Man versuchte den Arabern der Westbank das Leben so schwer wie möglich zu machen, bis sie freiwillig in ein anderes arabisches Land ziehen würden. Dass niemand diese Flüchtlinge aufnehmen wollte, vor allem Jordanien nicht, schien niemanden zu interessieren.
Der Regierung ging es um Sicherheit, die Siedler erledigten für sie Drecksarbeit, aber diese hatten gleichzeitig, wie erst jetzt völlig klar wird, ihre eigene Agenda: ein klerikales Grossisrael, einen Gottesstaat. Offen von Transfer sprachen nur ultrarechte Figuren wie der US-amerikanische Rabbiner Meir Kahana von der Jewish Defense League oder der später ermordetet Ex-General Rehaveam Ze’evi, im Volksmund ironischerweise Gandhi genannt. Kahane ist das grosse Vorbild von Itamar Ben-Gvir, dem heutigen Minister für Nationale Sicherheit. Die Besetzung Grossisraels und das rassistische Ideal eines Landes ohne Araber waren nur ein Teil der offiziellen Mission der Siedler, darüber hinaus haben sie mit grossem Erfolg ideologische Arbeit geleistet. Es gelang ihnen, mit dem Erlösungsnarrativ bis weit in die Mitte der Gesellschaft und bis zu den säkularen Juden vorzudringen. Das sichtbarste Zeichen davon waren die vielen jungen Menschen, die in jenen Jahren zu ihren Wurzeln zurückfanden und orthodox wurden, begleitet von einem ausgeprägten Überlegenheitsgefühl gegenüber der restlichen Welt, insbesondere gegenüber den Arabern.
Auffällig war auch eine eigentümliche Verrohung der israelischen Gesellschaft: Wer eine Mission hat und akut bedroht wird, ist von jeder Rücksicht befreit. Darüber hinaus gaben die Siedler der jüdischen Geschichte und der jüdischen Religion eine neue Deutung: Die Geschichte wurde auf Antisemitismus und Verfolgung reduziert, die Religion zu einer zweitausend Jahre alten Sehnsucht nach einer Heimstatt und Zuflucht für die Juden stilisiert. Die Tatsache, dass das Selbstverständnis der Israelis zunehmend durch die Religion geprägt wurde – wie übrigens auch der palästinensische Kampf zu einem religiösen wurde – hat noch eine andere, für die momentane Situation verheerende Folge: Steht die Erlösung unmittelbar bevor, spielt das weltliche Gesetz keine Rolle mehr. De facto leben die Siedler in einem mehr oder weniger rechtsfreien Raum. Wer in einer Siedlung in der Westbank ausgewachsen ist, konnte der arabischen Bevölkerung gegenüber tun und lassen, was ihm beliebt, er hat keine rechtlichen Konsequenzen zu fürchten. Es ist also eine Generation herangewachsen, die gelernt hat, dass weltliche Gesetze für sie keine Geltung haben. Die einzige Instanz, die ihnen bisweilen, eher selten, Einhalt geboten hat, ist das Oberste Gericht. Daher stammt der Hass gegen diese Institution.
31.5.1962
Am 31. Mai 1962 wird der ehemalige Obersturmannführer Adolf Eichmann im Gefängnis von Ramle erhängt, nachdem er vom Bezirksgericht Jerusalem für Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen das jüdische Volk schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt worden war. Eichmann, der für die Logistik der industriellen Judenvernichtung eine zentrale Rolle gespielt hatte, floh nach dem Krieg nach Argentinien. Er wurde vom Mossad dort aufgespürt und nach Israel entführt. Der Prozess wurde von Hannah Arendt ausführlich beschrieben, um ihn soll es hier nicht gehen, sondern um die Veränderung der israelischen Gesellschaft in der Folge der Gerichtsverhandlungen.
Bis zum Eichmann-Prozess war der Holocaustüberlebende das Negativ des jüdischen Pioniers gewesen. Statt sich der zionistischen Bewegung anzuschliessen, so die Haltung der Alteingesessenen, statt am Aufbau des Sozialismus im Lande Israel mitzuarbeiten und sich vom Joch der Diaspora zu befreien, war er in Europa geblieben und hatte sich wie ein Lamm zur Schlachtbank führen lassen. Bis dahin wurden die Holocaustüberlebenden entweder nicht zur Kenntnis genommen oder waren ein Objekt der Verachtung.
Das änderte sich nach Eichmann radikal; mit einem Male wurde der Holocaust zu einem zentralen Thema der Gesellschaft, der Kultur und der Erziehung. «Nie wieder Auschwitz» wurde allmählich zum Kern der israelischen Identität und diente fortan zur Rechtfertigung des Sicherheitsbedürfnisses – und manchmal auch der deswegen begangenen Taten.
Zunächst liess sich der Holocaust noch in das Normalisierungsnarrativ integrieren: Er war der endgültige Beweis für die Notwendigkeit eines eigenen Staates für das jüdische Volk. Mit der Machtübernahme Begins verschob sich jedoch schleichend die Bedeutung des Holocaust: Er wurde zum Zeichen der Auserwähltheit des jüdischen Volkes. Schon der Name Holocaust versetzt ihn in einen religiösen Kontext: Holocaust bedeutet Ganzopfer. Er beweist nicht nur die Aussergewöhnlichkeit und Unvergleichbarkeit des jüdischen Volkes, er ist auch das Armageddon, der Weltenbrand, der von der kommenden Erlösung kündet.
18.6.1996
Auch die Ehe eines Premierministers muss gepflegt werden, dachte sich das Ehepaar Sarah und Benjamin Netanjahu wohl, als es sich kürzlich ein verlängertes Wochenende in Rom gönnte. Zugleich liess sich der Ausflug perfekt mit einem kurzen Staatsbesuch bei der geistesverwandten Giorgia Meloni verbinden. Eine schöne Idee, allerdings fand sich lange keine Crew, die bereit war, das turtelnde Paar nach Rom zu fliegen. Als auch dieses Problem gelöst war, schien alles in bester Ordnung zu sein. Wäre da nicht der galoppierende Realitätsverlust des bis in die Knochen korrupten Ehepaars Netanjahu. Es mietete nämlich für das intime Wochenende in einem der teuersten Hotels Roms 60 (in Worten: sechzig) Zimmer an. Im Moment liegt übrigens ein Gesetz vor, das Regierungsmitgliedern und Parlamentsabgeordneten die Annahme von Geldgeschenken erlaubt, wenn sie zur Begleichung von Anwaltskosten und Arztrechnungen dienen. Die erste Lesung wurde zwar aufgrund der Proteste verschoben, aber allein der Versuch entlarvt das Demokratieverständnis der jetzigen Machthaber.
Zwar ist Bibi nicht der einzige notorische Lügner und Betrüger mit Realitätsverlust, der sich demokratisch an der Macht halten kann, wir kennen auch die Beispiele Jörg Haider, Silvio Berlusconi oder Victor Orban, aber die Frage, weshalb das Volk Mal für Mal einen notorischen Kriminellen wählt, muss doch für jeden dieser Fälle separat beantwortet werden. Ohne Netanjahu wäre es nie zu der verfahrenen Situation gekommen, in der sich Israel momentan befindet. Hätte er nicht restlos alle möglichen Koalitionspartner in den letzten Jahren vergrault, hätten wir es heute mit einer traditionellen Mitte-Rechtsregierung zu tun. Denn Hand aufs Herz: Richtig links war eine israelische Regierung noch nie gewesen. Bis Bibi an die Macht kam, herrschte eine Mischung aus Nationalismus und Wohlfahrtsstaat vor. Daraus ist unter seiner Ägide ein Nationalismus ohne Wohlfahrtsstaat geworden.
Deshalb verdient das Phänomen Bibi eine gesonderte Betrachtung. Am 18.Juni 1996 betritt der ehemalige Möbelhändler Benjamin Netanjahu, genannt Bibi, die Bühne der israelischen Politik, die er seither mit Unterbrüchen beherrscht. Er trat zwar das Erbe zweier Premierminister des Likud an, Menachem Begin und Jizchak Shamir, doch er unterschied sich erheblich von ihnen. Anders als seine Vorgänger gehörte er nie zum politischen Establishment. Er wuchs in Pennsylvania auf und lebte als Erwachsener wieder in den USA, ihm war die politische Kultur der USA deshalb immer näher gewesen als die der zionistischen Jugendverbände Osteuropas. Aus den USA brachte er auch eine ökonomische Agenda mit, an der seine Vorgänger nie sonderlich interessiert waren: den Neoliberalismus. Seine erste Amtszeit widmete er denn auch der Zertrümmerung des Wohlfahrtsstaates, oder wie es auch heisst: der Deregulierung.
Bibi hatte zwar in einer Eliteeinheit gedient, aber nicht im Unabhängigkeitskrieg gekämpft, er wohnte auch nie in Zahala, dem Quartier im Norden Tel-Avivs, wo er der Nachbar von Moshe Dayan, Ezer Weizmann und von Ariel Sharon gewesen wäre. Auf der anderen Seite wurde am 4. Juli 1976 sein Bruder Yonathan Netanjahu getötet, als eine israelische Kommandoeinheit eine von deutschen und palästinensischen Terroristen entführte Air-France Maschine in Entebbe, Uganda, befreite. Trotz seiner Distanz zum traditionellen militärischen Establishment hat Bibi dadurch eine nationalistische Legitimation per proxy bekommen. Aufgrund der Beteiligung von deutschen RAF-Mitglieder wurde in Entebbe übrigens auch überdeutlich, wie weit sich die europäische Linke von Israel ab- und dem palästinensischen Befreiungskampf zugewendet hatte. Der 4. Juli 1976 ist deshalb ein entscheidender Wendepunkt der israelischen Geschichte: Er markiert das Ende der Allianz mit der europäischen Linken und, über die Personalie Netanjahu, die Legitimation für den Aufstieg der neoliberalen Rechten.
Die Distanz zum politischen Establishment bei gleichzeitigem (geborgten) Heldenstatus und einem unheimlichen Talent zur Manipulation machte Netanjahu auch für die sephardischen Juden wählbar. Und damit kommen wir zum nächsten politischen Widerspruch, der der israelischen Gesellschaft fast seit Beginn innewohnt, den Aufstieg Netanjahus ermöglicht und einen entscheidenden Beitrag zur momentanen Staatskrise geleistet hat: der gesellschaftliche Status der Einwanderer aus arabischen Ländern. Für die jüdischen Bewohner des Irans und der arabischer Staaten von Marokko bis Jemen und Irak bedeutete die Gründung des Staates Israel zunächst eine Denormalisierung. Hatten sie zuvor einigermassen in Frieden leben und ihren Geschäften nachgehen können, wurden sie plötzlich zu Staatsfeinden und Alliierten Israels. Der Druck zur Emigration wuchs, tatkräftig von der Propaganda der israelischen Regierung unterstützt, die dringend auf demographischen Zuwachs angewiesen war. Tatsächlich begannen in den fünfziger Jahren die Sephardim, wie die orientalischen Juden genannt wurden, massenhaft aus ihren Ursprungsländern auszuwandern, wobei es die gut ausgebildeten und wohlhabenderen Juden nicht nach Israel, sondern in die USA, nach England, vorwiegend aber nach Frankreich zog – und in die Westschweiz. Die ärmeren aber zogen nach Israel, wo sie für die Demographie zwar dringend benötigt wurden, aber sonst nicht sonderlich erwünscht waren. Die Plätze an der Sonne waren sowohl sozial als auch geographisch bereits besetzt, die zentralen Städte bewohnt, die Stellen in der politischen Hierarchie an osteuropäische Juden verteilt. Die Sephardim wurden in Barackensiedlungen an der Peripherie platziert – und dann mehr oder weniger vergessen. Der jüdische Rassismus gegenüber den orientalischen Brüdern und Schwestern stand hinter demjenigen gegen die israelischen Araber kaum zurück.
Bis in die 70-er Jahren blieben die sephardischen Juden die Parias der israelischen Gesellschaft. Sie stellten keine Minister, kaum höhere Beamte, kaum Professoren oder Professorinnen, kaum höhere Offiziere. Doch dann begannen sie, im Windschatten der Anti-Vietnam und der 68-er Bewegung, mehr Selbstbewusstsein zu entwickeln. Dass sich die Organisation, die sie damals bildeten, Black Panthers nannte, spricht für sich. Es gelang sogar, einige sephardische Abgeordnete ins Parlament zu bringen, einer von ihnen hiess Charly Biton. Organisiert vom Deutschen Seminar der Hebräischen Universität, zeigte die Cinemathek von Jerusalem Anfang 1974 den Nazi-Film Jud Süss von Veit Harlan. Ich erinnere mich an den Besuch einer Vorstellung, gleich hinter mir sass Charly Biton mit seiner Entourage. Als Joseph Süsskind Oppenheimer, im 18. Jahrhundert der Bankier des Herzogs von Württemberg, am Ende des Films hingerichtet wird, klatschen Biton und seine Buddies frenetisch Beifall. Endlich wird den aschkenasischen Juden gezeigt, wie sie wirklich sind, riefen sie. Diese grausig-groteske Anekdote illustriert die Stimmung, die zwischen aschkenasischen und sephardischen Israelis in den 1970-er Jahren herrschte. Der Rechtsnationalist Begin verdankte seine Wahl 1977 dem ursprünglich linken Aufbegehren der sephardischen Bevölkerung. Begin stammte zwar selbst aus Polen, aber es war die Devise der seit mehr als 20 Jahren unterdrückten Sephardim, auf keinen Fall mehr die osteuropäische Elite der Arbeiterpartei zu wählen, die den Staat mehr oder weniger unter sich aufgeteilt hatte. Dieses Erbe verstand Netanjahu vortrefflich zu bewirtschaften. Wie vielen seiner europäischen und US-amerikanischen Zeit- und Geistesgenossen gelang ihm der wundersame Spagat zwischen einem neoliberalen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft, einem religiös gefärbten Nationalismus und einem antielitären Ressentiment. Es ist der ideologische Cocktail, mit dem die sephardische Unterschicht bis heute abgeholt werden kann.
29.10.1959
«Sharm-el Scheich, wir kamen nun zum zweiten Mal zu Dir, in unsrem Herzen bleiben wir für immer« sangen wir im zionistischen Jugendbund. Das Lied war in Israel nach dem Sechstagekrieg zu einem Gassenhauer geworden.
Das erste Mal drang die israelische Armee im Oktober 1956 nach Sharm-el Scheich vor. General Gamal Abd-el Nassr hatte der Suezkanal verstaatlicht, um seine Ambitionen als Führer der panarabischen Bewegung zu unterstreichen. Grossbritannien und Frankreich, die um ihre Versorgungssicherheit und ihre Vorherrschaft in der Region bangten, griffen Ägypten daraufhin an, um den Suezkanal wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Israelis beteiligten sich an der Militäraktion an, weil auch sie eine ägyptische Blockade befürchteten. Auf Druck der USA und der Sowjetunion, die auch um ihren Einfluss in der Region fürchteten, mussten die drei Angreifer sich aber wieder zurückziehen.
Am 29.10., inmitten des Feldzuges von 56, verhängte die israelische Militärverwaltung eine Ausgangssperre über die arabischen Dörfer, die noch am gleichen Abend in Kraft treten sollte. Die Bewohner des Dorfes Kafr-Qassem wussten davon nichts, denn sie waren vor der Verhängung der Sperre auf die Felder gegangen, und kehrten erst spät abends zurück. Als sie in ihrem Dorf ankamen, eröffnete Soldaten der israelischen Armee das Feuer. 48 Menschen starben, darunter Frauen und Kinder.
Das Massaker von Kafr-Qassem war für beide Seiten ein Fanal. Für die israelischen Araber war es die endgültige Demaskierung des wahren Charakters Israels: Ein kolonialistischer Staat im Dienst des Westens. 1956 wurde der Panarabismus endgültig zu einer Bewegung des antikolonialen Kampfes und die Vernichtung Israels sein oberstes Ziel. Die Chancen, lokal einen Ausweg aus der Sackgasse zu finden, begannen zu schwinden. Nun hiess es: Israel gegen die gesamte arabische Welt.
Für die Israelis brach in Kafr-Qassem der Widerspruch zwischen dem Selbstbild als Vorposten des humanistischen Westens in der Dritten Welt und der Realität der eigenen Gewalt hervor. Die Vertreibungen, Zerstörungen und Ermordungen während des Unabhängigkeitskrieges von 1948, konnten man vor sich selbst noch zur notwendigen Selbstverteidigung erklären, ein Massaker an unschuldigen Bauern, Kindern und Frauen, liess sich durch keine Umstände mehr rechtfertigen. Zunächst versuchten sich das Militär, die Regierung und die Gesellschaft den Gräueltaten zu stellen, es gab ein ordentliches Gerichtsverfahren, der befehlshabende Offizier wurde zu 17 Jahren Haft verurteilt.
Doch schon nach einem Jahr kam er wieder frei und die israelische Gesellschaft baute zur Verdrängung der traumatischen Erfahrungen den Mythos der »sauberen Waffe« auf, an dem sie sehr lange festgehalten hat. Das israelische Militär sei die humanste Armee der Welt, hiess es, sie übe Gewalt nur im äussersten Notfall aus, und auch dann nur unter strengster Beachtung der Genfer Konvention. Vor etwa zwei Jahren ergoss sich über einen Gymnasiallehrer im Norden Israels ein gewaltiger Shitstorm, der beinahe in seiner Entlassung geendet hätte, als er einem Schüler, der das Motto der humansten Armee der Welt nachplapperte, antwortete, das müsse man erst beweisen. Eine Mitschülerin schrieb daraufhin dem Erziehungsminister einen Brief, der daraus einen öffentlichen Skandal machte.
Der Mythos der sauberen Waffe und die konsequente Verleugnung der eigenen Gewaltbereitschaft – stellvertretend sei hier das Massaker des jüdischen Militärarztes Baruch Goldstein 1994 in Hebron, bei dem 29 betende Araber getötet wurden, erwähnt, dessen Konterfei in Ben-Gvirs Wohnzimmer hängt – war während vieler Jahre eine zentrale Klammer der israelischen Identität. Er band die Diaspora an den jüdischen Staat und diesen wiederum an die jüdische Geschichte: Die Juden seien immer die Opfer gewesen und hätten nie Gewalt ausgeübt, so die Kernaussage des Mythos, die jüdische Religion sei humanistisch und die Juden in ihrem Wesen gewaltfrei. Diese identitätsstiftende Geschichtsdeutung wurde spätestens 1983 im Libanon als Mythos entlarvt, als die Armee Israels unter Ariel Sharon – schon wieder er – die palästinensischen Flüchtlingslager Sabra und Shatila bei Beirut abriegelte, damit christliche Milizen in aller Ruhe palästinensische Flüchtlinge abschlachten konnten.
Ein weiterer Baustein der israelischen Identität – die Juden als Träger der Fackel des Humanismus – war herausgebrochen, ein weiterer Selbstbetrug aufgeflogen.
Es geht mir keineswegs darum, den Spiess einfach umzudrehen, und die arabische Gewalt zu verleugnen. Palästinenser haben Verbrechen begangen: Die olympischen Spiele 1972 in München, die Flugzeugentführungen, die Blutbäder während der Zweiten Intifada, der unablässige Raketenbeschuss von Südisrael.
Doch darum geht es nicht.
Es geht mir vielmehr darum, die historischen Ursachen der Katastrophe, auf die Israel im Moment zusteuert, zu analysieren. Und diese liegen meines Erachtens in der gewaltigen Spannung, die seit der Staatsgründung zwischen der jüdisch-israelischen Ideologie beziehungsweise Identität und der geopolitischen Realität besteht.
16.3.2023
Heute gebe ich den Bericht der Redaktion ab. Es war eine aufreibende Zeit, weil ich mich auch meiner zionistischen Vergangenheit stellen musste. Es bleibt die Frage zu beantworten, wie es weitergehen wird. Vor zwei Wochen hätte ich noch ein düsteres und hoffnungsloses Bild zeichnen müssen und ich hätte prognostiziert, dass Israel auf dem Weg zu zu einem undemokratischen Gottesstaat ist. Das ist immer noch möglich. Doch in den letzten Wochen geschehen in Israel Dinge, die niemand je für möglich gehalten hätte: Eine Welle zivilen Ungehorsams erfasst Israel und die Diaspora. Erstmals in der Geschichte Israels wehrt sich die Zivilgesellschaft in frontaler Opposition gegen die eigene Regierung für die Demokratie – auch wenn Israel vor dem 4.11.2022, vor der Wahl dieser Regierung, keine mustergültige Demokratie war.
Wird die Regierung diesen massiven Widerstand überleben? Ich kann es mir nicht vorstellen. Entscheidend wird der Tag sein, an welchem das «Gesetz der Überwältigung», wie es sinnigerweise heisst, das Gesetz, wonach 61 Abgeordnete einen Beschluss des obersten Gerichts umstossen können, von ebendiesem Gericht für grundgesetzwidrig erklärt wird. Dann entsteht eine Pattsituation und ein bedrohliches Machtvakuum.
Was dann geschieht, weiss kein Mensch….
Postskriptum
Durch den Fall der Credit Suisse hat sich die Veröffentlichung dieses Artikels in der Republik verzögert. Auf den ersten Blick hat die Protestbewegung inzwischen einen grossen Sieg errungen: die alles entscheidenden Gesetze zur Ernennung der Richter und zur Überstimmung des Obersten Gerichts sind bis Ende April vertagt, Verhandlungen von Regierung und Opposition darüber anberaumt. Doch der erste Eindruck täuscht. Vertagen ist die alte Taktik Netanjahus, und bisher ist er damit immer durchgekommen, echte Verhandlungen wird er nicht zulassen, dazu ist er gar nicht in der Lage. Die Regierung hofft vielmehr, durch das Pseudo-Zugeständnis die Luft aus den Protesten rauszulassen, wie unlängst in Polen. Der polnische Vizeaussenminister rühmt sich öffentlich, Bibi bei der Verzögerungstaktik beraten zu haben. Die Gesetze liegen jedenfalls auf, das heisst sie sind schon so ausformuliert, dass sie kaum mehr verändert werden können. Als Preis für die Vertagung hat sich Ben-Gvir überdies eine National-Garde unter seiner Kontrolle ausbedungen.
Wir leben hier in der totalen Katastrophe. Die Demos sind wunderbar, aber die politische Wirklichkeit ist grauenhaft. Wir sind einem Mann ausgeliefert, der jegliche Beziehung zur Realität verloren hat und glaubt, er sei der Zauberer als der ihn seine Jünger preisen.
Diese Nachricht erhielt ich vor wenigen Tagen, von jenem Freund, mit dem ich 1973 nach Israel kam.