Die Jury des Zürcher Journalistenpreises hat den Preis für das Gesamtwerk an Susan Boos vergeben. Weiter sind ein Autorenteam, zwei Journalisten und eine Journalistin ausgezeichnet worden: Cedric Fröhlich und Quentin Schlapbach von der «Berner Zeitung» und von «Der Bund» für ihre Geschichte über den tödlichen Einsatz einer Schweizer Spezialeinheit, Birgit Schmid von der «Neuen Zürcher Zeitung» für ihren Text über eine kompromisslose Künstlerin, Daniel Strassberg für seinen bei der «Republik» publizierten Text über das protestierende Israel sowie Kilian Marti von «Watson» für seine Recherche über einen Streit zwischen Gross- und Kleinunternehmen.
Am Mittwochabend ist zum 44. Mal der Zürcher Journalistenpreis verliehen worden. In den Mittelpunkt seiner Grussrede stellte der Stiftungsratspräsident Hannes Britschgi die Voraussetzungen für Qualität im Journalismus: Talent und Handwerk. Zudem strich er die Bedeutung der Ringier-Journalistenschule und des Medienausbildungszentrums in Luzern für den Schweizer Journalismus hervor. Zwei Institutionen, die heuer ihr 50-Jahre- bzw. 40-Jahre-Jubiläum feiern. Nebst den prämierten Medienschaffenden gebühre auch ihnen Applaus fürs Vermitteln des journalistischen Handwerks, so Britschgi.
Die Auszeichnung für das Gesamtwerk verlieh die Jury, unter der Leitung der neuen Präsidentin Christina Neuhaus, Susan Boos. Eine Journalistin, die keine Selbstvermarkterin, sondern schlicht eine Klasse für sich sei, sagte die «NZZ»-Inlandchefin Neuhaus in ihrer Laudatio für die langjährige «WOZ»-Journalistin. Boos’ Texte seien klar, intelligent und schnörkellos. Die Autorin unabhängig, unerschrocken und stets der journalistischen Ethik verpflichtet. Ob sie über das Jugendstrafrecht schreibe, über die täglichen Herausforderungen von Menschen mit Behinderungen oder über Atomkraft. Immer gehe es Boos um die Sache, immer sei der Text fundiert, und immer seien ihre Leserinnen und Leser danach ein wenig klüger. Diesen journalistischen Werten sei Susan Boos, die heutige Präsidentin des Schweizer Presserates, seit Jahrzehnten treu geblieben, begründete Neuhaus die Auszeichnung.
Für den Journalistenpreis 2024 wurden 218 Arbeiten aus der ganzen Deutschschweiz eingereicht. Daraus hat die siebenköpfige Jury aus Journalisten und Publizisten neun Geschichten für den Zürcher Journalistenpreis und drei für den Newcomer-Preis nominiert und nun vier Arbeiten ausgezeichnet.
Cedric Fröhlich und Quentin Schlapbach erhielten einen Preis für ihren in der «Berner Zeitung» und in «Der Bund» publizierten Text «Tod in Adelboden». Es ist die Geschichte von Martin M., der von der Spezialeinheit Enzian getötet wurde. Die Autoren beschränken sich dabei nicht auf die Rekonstruktion der tödlichen Auseinandersetzung, sondern zeichnen einen Prozess nach, dem ein komplexes Drama zugrunde liegt: Flucht, Rückzug, der psychische Verfall eines Menschen bis hin zum fragwürdigen Agieren des Staates. Den beiden Autoren gelang, was gute Journalisten ausmacht: Sie erkennen eine gute Geschichte und erzählen sie. Und dies alles gestützt auf akribische Recherche und erzählt mit eleganter Schreibe, die an ein filmisches Meisterwerk erinnere, befand die Jury.
Birgit Schmid von der «Neuen Zürcher Zeitung» wurde mit einem Preis für den Text «Da jagt es mir den Zapfen ab!» prämiert. Darin beschreibt sie einen Besuch bei der berühmten Künstlerin Miriam Cahn, der schnell eskalierte und bei dem die Journalistin letztlich aus dem Atelier geworfen wurde. Doch die Autorin habe die Provokationen nicht mit Gleichem quittiert. Sie schien einen Schritt zurückzumachen, um ihrer Protagonistin wieder näherzukommen, schreibt die Jury. Nicht die Eskalation stehe somit im Zentrum des Textes, sondern die kluge, reflektierende Beobachtung, die unter der Widersprüchlichkeit der Person das wahre Wesen der Künstlerin erkennen lasse und die Kernbotschaft habe: Geht und schaut selbst, es lohnt sich.
Daniel Strassberg gewann einen Preis für seinenbei der «Republik» veröffentlichten Artikel«Israel in der Krise». Der Autor, ein Philosoph undPsychoanalytiker, der sich in jungen Jahren alsglühender Zionist bezeichnete, stellte sich die Frage,wie es möglich war, dass in Israel eine in Teilenrechtsextreme Regierung um MinisterpräsidentBenjamin Netanjahu an die Macht kommen konnte,worauf im Land langanhaltende Massenprotestelosbrachen. Strassberg nehme dafür die Leser mit indie Vergangenheit und Gegenwart Israels,beschreibe, streue eigene Erfahrungen ein,analysiere. Er tue dies journalistisch hochpräzis,mutig, schonungslos und mit Sätzen wie in Steingemeisselt, heisst es in der Laudatio.
Der Newcomer-Preis wurde an Kilian Marti für seinen auf «Watson» veröffentlichten Text «Den Letzten beissen die Hunde. Ein Basler Grossprojekt treibt mehrere KMUs in den Konkurs» verliehen. Der 25-jährige Journalist zeige darin, wie der Ruin drohen kann, wenn Grossunternehmen aufs Ganze gehen. Die Recherche sorgte über Basel hinaus für Aufsehen. Marti habe sich eines Themas angenommen, das kein Einzelfall, sondern ein systemisches Problem sei. Dabei erkenne und benenne er die Missstände, verstehe und schreibe komplexe Sachverhalte verständlich auf, begründete die Jury die Auszeichnung.
Der Zürcher Journalistenpreis ist eine der renommiertesten Auszeichnungen für Journalismus in der Schweiz. Seit 1981 wird der Preis von einer Fachjury verliehen. Ausgezeichnet werden Gesamtwerke sowie Arbeiten von Print- und Online-Medien. Jeder der Hauptpreise ist mit 10’000 Franken dotiert, der 2018 geschaffene Newcomer-Preis mit 5000 Franken.
Träger der Stiftung sind die vier Medienhäuser CH Media, NZZ, Ringier und Tamedia. Zudem unterstützen namhafte Unternehmen und Institutionen die Veranstaltung mit Geldbeiträgen.